Poetra Asantewa im Porträt

Von Marina Wetzlmaier · · 2023/Mai-Jun
© Odartey Aryee

Die ghanaische Schriftstellerin und Performerin Poetra Asantewa möchte afrikanische Künstlerinnen sichtbarer machen.

Ama Asantewa Diaka versteht sich als Geschichtenerzählerin. Die Poetin aus Ghana, die auch unter dem Namen Poetra Asantewa auftritt und zwischen ihrer Heimat und den USA pendelt, erzählt von Weiblichkeit und Schmerz. Etwa über den Schmerz jener Frau, die ein Leben nach Plan führen wollte: der Berufsweg Krankenschwester, gutes Aussehen, Hochzeit, die Geburt eines Sohnes. Doch der Sohn, der mit zehn Jahren noch Ingenieur werden wollte, verfiel mit 14 der Drogensucht. Die verzweifelte Mutter versuchte alles, um ihn davon zu befreien, scheiterte, und erwürgte ihren Sohn schließlich, um dem Leid ein Ende zu bereiten.

Die wahre Geschichte von Ellen Pakkies, die sich 2007 in Südafrika zugetragen hat, wurde sogar verfilmt. Asantewa gibt sie in ihrem Gedichtband „Woman, Eat Me Whole“, jetzt als Taschenbuch erhältlich, auf eine berührende und sensible Art wieder, die einen nicht mehr loslässt.

Appell zur Selbstliebe. 48 Gedichte erzählen vom Frausein, von mentaler Gesundheit, Trauma, Schönheit und Selbstzweifeln. Asantewa schreibt über den weiblichen Körper, der im Zentrum der gesellschaftlichen, männlichen Erwartungen steht. In „False teachings“ (auf Deutsch: Falsche Lehren) beklagt sie, dass es Lektionen darüber gebe, wie man sich als „respektable“ Frau zu verhalten habe. Hingegen gebe es keine Lektionen darüber, wie man Frauen respektiert.

Sie schreibt vom Druck auf Frauen, sich selbst und ihren Körper anzupassen: die Brust perfekt, die Beine wohl geformt, nicht burschenhaft sein, nicht zu „fett“, natürlich aussehen, aber nicht zu sehr. „Du musst alle Farben des Regenbogens gleichzeitig sein“, schreibt sie. Und selbst dann gibt alles, was frau macht, Anlass zur Kritik. Daher ihr Appell: Liebe dich selbst, egal, was ist!

Ama Asantewa Diaka
Woman, Eat Me Whole
Harper Collins, New York 2023
Englisch, 96 Seiten, € 18,99

„Women, Eat Me Whole“ soll Frauen ermutigen, sich treu zu bleiben und ihre Träume zu verfolgen, und ist ein klares Bekenntnis zum Feminismus.

Der Gedichtband ist Asantewas erste Publikation in dieser Form. Sie ist auch Sängerin, Songwriterin und erzählt ihre Geschichten oft vor einem Publikum. Mit einer Mischung aus Poesie, Musik und ihrer unbeirrbaren Stimme zieht sie die Menschen in den Bann.

Vision für die Gemeinschaft. Asantewa wollte Schriftstellerin werden, weil sie zur Buchliebhaberin erzogen wurde, erzählt sie in einem Videoporträt des internationalen Kollektivs Found Sound Nation. An Büchern liebe sie bis heute, dass sie die Leser:innen in eine andere Welt versetzen können. „Ich möchte, dass die Menschen genau das fühlen, wenn sie mich hören“, so Asantewa. „Wir sind nicht da, um nur Schriftstellerinnen oder nur Sängerinnen zu sein, sondern wir sind Teil einer Gemeinschaft“, sagt sie weiter. Um kreative afrikanische Frauen zu fördern, gründete Asantewa im Jahr 2017 in Ghanas Hauptstadt Accra die Initiative „Black Girls Glow“. Weibliche und non-binäre Künstler:innen entwickeln gemeinsam Projekte und wollen damit für soziale Veränderungen in ihrem Umfeld sorgen.

„Es geht nicht nur um Kreativität. Es geht um Frauen, die uns in ihre Welt lassen – uns sehen lassen, was in ihrer Welt gut und was nicht so gut läuft und wie wir gemeinsam Lösungen finden können“, schildert Asantewa die Hintergründe von „Black Girls Glow“. Zu den Aktivitäten zählen eigene Musikprojekte über Genregrenzen hinweg, die sonst von einer männlich dominierten Musikindustrie definiert werden.

Ein weiteres ihrer Projekte nennt sich „Street Studio“. Hier wird die Musikproduktion in den öffentlichen Raum verlegt, etwa auf den Markt.

Mit dem Ziel, afrikanische Künstlerinnen sichtbarer zu machen, gründete Asantewa 2018 außerdem das Literaturmagazin Tampered Press. Mit ihrer Kunst und ihrem Engagement setzt sie ihre Vorstellungen einer gerechten Welt um. Eine Welt, in der Schwarze Frauen sowohl als Künstlerinnen als auch aktive Mitglieder ihrer Gemeinschaften präsent sind und wachsen können.

Marina Wetzlmaier ist freie Journalistin und und lebt in Wels/Oberösterreich.

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